7 Bl.

Originalbrief Typoskript

Bleistift Markierungen am Rand. Antwort auf Brief vom 16.05.1949 mit Fragen KBs zu der ungarischen Kirche. KB hat die Haltung der ungarischen Kirche richtig verstanden, die, "weil sie sich schuldhaft an den Entwicklungen bis 1945 beteiligt hat vorläufig der Vollmacht entbehrt gewisse an sich berechtigte politische, soziale und moralische Bedenken gegen die Fortentwicklung seit 1945 im Sinne einer grundsätzlichen Opposition zum heutigen Regierungssystem laut werden zu lassen." Ebenfalls ist richtig, "dass, da unsere Aufmerksamkeit zu sehr an das eigenste kirchliche Arbeitsfeld gebunden ist, wir die ganze Frage einer grundsätzlichen Stellungnahme zu der neuen Staats- und Gesellschaftsordnung als eine spätere Sorge ansehen", "auch weil wir trotz aller Detailäusserungen, noch keine grundsätzliche Stellungsahme haben." Ist der Ansicht, dass eine Stellungnahme der Kirche zur marxistischen Ideologie erst nötig ist, wenn erste Zeichen einer Vermischung mit der christlichen Ideologie vorliegen. - "Wir müssen nämlich jede Gelegenheit benützen, um die Leute unserer Kirche vor der Versuchung eines in christliche Phrasen verhüllten politischen Widerstandes zu schützen." Im Interesse der Orientierung der Menschen kann es vorkommen, "dass tatsächlich "die positiven und polemischen Parolen des öffentlichen Lebens in unseren kirchlichen Wortgebrauch einbrechen". - Probleme konnten bis jetzt mit der Regierung direkt besprochen werden. Stimmt KB zu, dass eine "gründliche Neubesinnung und Neuorientierung gerade in den leitenden Kreisen der ungarischen reformierten Kirche" nötig wäre. Dankt KB, dass er "an unsern Sorgen Teil genommen" hat. Fragt sich ob der Titel von KBs Vortrag "Die Kirche zwischen Ost und West" nicht missverständlich sei, da die Kirche nicht zwischen, sondern mitten im Osten und Westen stehe. - Prof. Thurneysen und Pfarrer Lüthi sind am 07.06.1949 eingetroffen.